Am 20.Oktober 2023 ist Internationaler Tag der Sprachentwicklungsstörungen (SES). An diesem Tag werden in verschiedenen Regionen der ganzen Welt Aktionen durchgeführt, um das öffentliche Bewusstsein für Sprachentwicklungsstörungen (SES) zu stärken. Eine SES ist eine verborgene, aber weit verbreitete Störung beim Verstehen und Verwenden von Sprache ohne erkennbaren Grund. Eine von 14 Person ist betroffen, d.h. ca. 2 Kinder in jeder Schulklasse.
Die Hochschule Trier und der Gesundheitscampus Trier beteiligen sich neben weiteren Institutionen (https://giskid.eu/tag-der-ses-2023-programm/) an der diesjährigen Öffentlichkeitskampagne unter dem Motto "SES weltweit“ (Englisch: „DLD around the world“; https://radld.org/), die federführend von der Gesellschaft für interdisziplinäre Spracherwerbsforschung und kindliche Sprachstörungen im deutschsprachigen Raum, kurz GISKID (https://giskid.eu) koordiniert wird (Hashtags #TagDerSES und #DLDday).
Letztes Jahr widmeten wir an der Hochschule Trier uns dem Thema „Studieren mit Sprachentwicklungsstörung (SES)“, um Barrieren beim Studieren mit SES bewusst zu machen und diese in der Lehre abzubauen. In diesem Jahr liegt der Fokus auf der „Zusammenarbeit mit Familien“, da diese eine entscheidende Rolle in der Therapie von SES spielen.
SES werden häufig im späten Kindergartenalter oder zu Beginn der Grundschulzeit diagnostiziert. Sie treten als Folge einer primären Erkrankung, z.B. einer Hörstörung, oder als isolierte Störung im Laufe des Spracherwerbs auf und können verschiedene Modalitäten der Sprache und des Sprechens betreffen (z.B. Aussprache, Wortschatz, Grammatik und Kommunikationsverhalten). Meistens sind mehrere Modalitäten betroffen, wobei individuelle Unterschiede die Regel und nicht die Ausnahme sind.
In der Behandlung von SES legen Logopäd:innen großen Wert auf die Kooperation mit Familien, um eine umfassende und effektive Therapie zu gewährleisten. Wissenschaftliche Erkenntnisse bestätigen diese Notwendigkeit und betonen die positiven Auswirkungen, die sich aus der Zusammenarbeit mit den Familien ergeben.
Ganzheitlicher Ansatz: Interventionen bei Menschen mit SES sind komplex, die Symptome vielfältig und die sozio-kulturellen Unterschiede in den Familien groß. Um komplexe Interventionen umsetzen zu können, ist ein ganzheitlicher Ansatz in der Therapie notwendig. Eine enge Zusammenarbeit mit den Familien ermöglicht es, die Therapiepläne individuell anzupassen und auf die Bedürfnisse zuzuschneiden.
Kontinuität und Konsistenz: Kontinuität und Konsistenz der therapeutischen Interventionen sind maßgeblich für den Therapieerfolg. Die Einbindung der Familie gewährleistet, dass die erlernten Techniken und Übungen im Alltag fortgeführt werden, was die Sprachentwicklung unterstützt. Therapieansätze, die in den Alltag der Familie integriert wurden, führten zu signifikanten Verbesserungen.
Früherkennung und Frühintervention: Studien betonen die Bedeutung der frühen Erkennung und Intervention bei Sprachentwicklungsstörungen. Familien, die aktiv auf Auffälligkeiten reagierten und professionelle Hilfe suchten, ermöglichten eine frühzeitige Behandlung und bessere langfristige Ergebnisse für ihre Kinder.
Motivation und Engagement: Untersuchungen zur Motivation und Beteiligung von Eltern zeigen, dass die Einbindung der Familie die Motivation des Kindes zur Teilnahme an der Therapie erhöht. Engagierte Eltern sind oft besser in der Lage, therapeutische Übungen konsequent in den Alltag ihres Kindes zu integrieren.
Trotz der beschriebenen Vorteile gibt es wissenschaftliche Belege dafür, dass die Kooperation zwischen Eltern und Logopäd:innen mit gewissen Herausforderungen einhergehen kann:
Rollenverständnis. Mögliche Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit können entstehen, wenn Eltern nicht verstehen, welche Rolle sie in der Interventionsmaßnahme spielen sollten. Dies kann dazu führen, dass Eltern ihre eigene Rolle unterschätzen und stattdessen die Logopäd:innen als die alleinige "Expert:innen" auf diesem Gebiet betrachten. Andersherum kann es vorkommen, dass Logopäd:innen den Eltern (absichtlich oder unabsichtlich) eine eher passive Rolle zuweisen. Sprechen Sie Ihr:e Therapeut:in an, sollten Sie das Gefühl haben, zu wenige beteiligt zu sein.
Meinungen. Eltern können mit vorgefassten Meinungen über die Sprachentwicklung, die Ursachen von SES oder Erwartungen an die Therapie kommen. Diese stimmen möglicherweise nicht mit den Überzeugungen der Sprachtherapeuten überein, was die Zusammenarbeit beeinflussen kann. Ziel ist es, ein gegenseitiges Verständnis aufzubauen und spezifische elterliche Bedürfnisse zu berücksichtigen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Eltern in die Therapie einbezogen werden können und die Zusammenarbeit gelingen kann:
Informationsaustausch über die Persönlichkeit und Vorlieben Ihres Kindes. Es ist von großer Bedeutung, Ihre:r Therapeut:in relevante Informationen über die Persönlichkeit und die Vorlieben Ihres Kindes zur Verfügung zu stellen. Diese Informationen können dazu beitragen, Ihr Kind zu motivieren und therapeutische Ansätze zu entwickeln, die auf den Interessen und Stärken Ihres Kindes basieren.
Verständnis für frustrierende Situationen und Umgang mit schwierigem Verhalten. Teilen Sie Ihre:r Therapeut:in mit, wie Ihr Kind in frustrierenden Situationen reagiert und welche Strategien Sie zu Hause anwenden, um mit schwierigem Verhalten umzugehen. Dieses Wissen ermöglicht es, konsistente Ansätze in den Therapiesitzungen zu verfolgen und Ihrem Kind effektiv zu helfen.
Festlegung von Zielen für Ihr Kind. Gemeinsam mit Ihre:r Therapeut:in sollten Sie Ziele für die Therapie Ihres Kindes festlegen. Diese Ziele sollten spezifisch, messbar, erreichbar, relevant und zeitlich definiert sein (SMART-Kriterien). Die Festlegung von klaren Zielen ist entscheidend, um den Fortschritt zu verfolgen und sicherzustellen, dass die Therapie effektiv ist.
Beschreibung Ihrer täglichen Aktivitäten und Routinen. Teilen Sie Ihre täglichen Aktivitäten und Routinen mit. Dies ermöglicht es de:r Therapeut:in, Therapiestrategien zu entwickeln, die nahtlos in den Alltag Ihres Kindes integriert werden können, anstatt gegen Ihre tägliche Agenda zu arbeiten.
Bericht über Veränderungen und Fortschritte: Halten Sie Ihre:r Therapeut:in über Veränderungen und Fortschritte auf dem Laufenden, die Sie bei Ihrem Kind beobachten. Dies kann dazu beitragen, die Therapie anzupassen und sicherzustellen, dass sie den Bedürfnissen Ihres Kindes entspricht.
Feedback und Festlegung der nächsten Schritte: Geben Sie Ihre:r Therapeut:in Feedback zu den Aktivitäten und Strategien, die in der Therapie verwendet werden. Wenn Optimierungen erforderlich sind, arbeiten Sie gemeinsam an der Fehlerbehebung.
Wenn Sie mehr über das Thema Sprachentwicklungsstörungen erfahren möchten, wie man diese frühzeitig erkennen und Unterstützung erhalten kann und, dann schauen Sie sich die Instagram Story unserer Studierenden an: https://www.instagram.com/aussprache_na_logo/.
Oder Sie schauen das Video von Frau Jun.-Prof. Dr. Katharina Zahner-Ritter (Juniorprofessorin für Allgemeine und angewandte Phonetik an der Universität Trier) an, das im letzten Jahr zum Tag der SES erstellt wurde.
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