Preisträger*innen
1. Preis - Kategorie Student award 2024 - Small scale category
Sophie Düngenheim, Lara Hofbauer, Eric Schmitz, Paul Schuchmann
Betreut durch
Prof. Petra Riegler-Floors
Lehrgebiet Zirkuläres Bauen, Konstruktion und Material
Modul:
Planungs- und Baurecht II
Vier Studierende aus dem 6. Semester Bachelor gewinnen den „Unbuilt Award 2024“ in der Kategorie „small scale“ für ihren Entwurf „straw for four“. Der Preis ist mit 5.000€ dotiert. Eine internationale, prominent besetzte Jury unter dem Vorsitz von Ben van Berkel /UN Studio Rotterdam bewertete die Projekte hinsichtlich ihrer Kreativität, Nachhaltigkeit und ihres Beitrags zur Weiterentwicklung architektonischer Ideen.
Die Plattform „Buildner“ startete 2024 eine neue jährlichen Wettbewerbsreihe, die sich auf noch nicht realisierte Architekturentwürfe konzentriert. Die prämierten und anerkannten Beiträge werden in einem Buch veröffentlicht, das die Vielfalt und Innovationskraft der Entwürfe dokumentiert.
Das Entwurfsprojekt befasst sich mit der desolaten Situation im Flüchtlingslager Kara Tepe (Moria) auf der griechischen Insel Lesbos, die prototypisch für Problematiken einer Vielzahl von Camps weltweit steht. Die Flüchtenden sind größtenteils in überbelegten Familien- oder Sammelzelten untergebracht, die sanitäre Anlagensind äußerst mangelhaft. Unzureichend ist insbesondere der Schutz vor Kälte und Nässe. Aufgrund der regelmäßigen Überflutungen wurden provisorische Schutzwälle aus Kies und Sandsäcken errichtet, auf denen die Zelte stehen. Der Entwurf soll den Flüchtenden eine an die klimatischen Bedingungen angepasste Unterkunft als Rückzugsort bieten. Die temporäre Struktur beschränkt sich auf möglichst wenige und kreislauffähige Materialien: soweit möglich werden Materialien verwandt, die sich in Flüchtlingslagern selbst finden lassen, ergänzt durch Baustoffe, die weltweit kostengünstig und mit kurzen Transportwegen verfügbar sind. Diese werden zu einer demontierbaren Konstruktion gefügt, die auch von ungeschulten Menschen mit wenigen einfachen Werkzeugen auf- und wieder gebaut werden kann.
Die Hauptmaterialien sind Holz und Stroh. Stroh als landwirtschaftlich nur teilweise verwendeter Pflanzenteil unterschiedlicher Nahrungspflanzen ist global verfügbar, an fast jedem Standort gut beschaffen und mit einer einjährigen Umtriebszeit rasch nachwachsend. Für den notwendigen trockenen Aufbau des Strohs wird zuerst die Außenhülle aus 6x6 cm Holzprofilen aufgebaut und dann der innere, thermisch isolierte Strohkern. Die kleinen Holzprofile sind handlich und, genau wie die Bretter im Dach der Strohbox, kostengünstigeres Schnittholz. Das Fundamentraster bilden ausrangierte Getränkekästen, die auf einem Kieswall eben ausgelegt werden können. Zur Beschwerung und zur Aufnahme der Feuchtigkeit werden diese mit den vor Ort vorhandenen Sandsäcken gefüllt. Der Zeltboden der Flüchtlingszelte eignet sich als Abdichtungsfolie gegen aufsteigende Feuchtigkeit im Boden. Die verwendeten Cola-Kisten haben relativ kleine Flaschenfächer, die die Stützenprofile aufnehmen. Mithilfe von Abstandshaltern zwischen den Holzprofilen ist eine Anpassung an jede Kastengröße möglich. Die Außenhülle besteht aus einem doppelten, mit einem Wellblech aus gepressten Tetra Paks gedeckte Pultdach, das als eine Art Kaltdach eine gute Belüftung des thermisch getrennten Strohkerns sicherstellt. Das Dach und der Boden des Strohkerns werden mit einfachen Strohballen ausgefacht, während die Außenwand aus Holzständerboxen besteht, in die Stroh gepresst wird. Diese Boxen können gut von einer Person getragen werden. Verlegt und miteinander verschraubt werden sie im Mauerverbund, sodass keine Kreuzfugen entstehen und dennoch immer lastableitende Ständer übereinanderliegen. Das Stroh wird mittels eines einfachen Werkzeugs, einer Box aus Siebträgerplatten gepresst, an deren Hebel man die Druckplatte austauscht, sodass sie entweder zwei halbe, eine ganze Holzständerbox oder einen Ballen pressen kann. Außen und innen wird die Strohbox mit Strohbauplatten im Nut und Feder-System verkleidet. Auch die Möbel werden aus Lignin-gebundenen und daher kompostierbaren Strohplatten gefertigt. Die Bauteilfugen an Fenstern und Türen werden mit Flachs ausgestopft. Im Sanitär- und Küchenbereich sind Platten aus gepresstem Plastikmüll verbaut, um die Strohbauplatten vor Feuchtigkeit zu schützen. Als Schlagregenschutz wird die Außenhülle gebrauchter Flüchtlingszelte verwendet, die an den Eingängen mit einer Art Flaschenzug aufziehbar ist. Für diesen konnten die Ösen, Seile und Stangen der alten Zelte verwendet werden. Die Batterien der PV-Anlage sind im Dachraum untergebracht und versorgen das Haus mit 3,2 kWh und einem Speicher von etwa 3,84 kWh. Durch die Komposttoilette fällt kein Schwarzwasser an, und eine 4.000-Liter-Zisterne versorgt Dusche sowie Waschbecken mit aufbereitetem Regenwasser.
Die Arbeit entstand im 6. Semester des Bachelorstudiums als Abschluss-Übung des Moduls Planungs- und Baurecht 2, welches die rechtlichen Vorgaben im Kontext des kreislauffähigen Bauens beleuchtet.
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