Nie mehr fallen. Wie kann das möglich werden, ohne massive Eingriffe von außen und von innen? Ein Exoskelett ist für alle anderen deutlich sichtbar und kann nicht alleine an- und abgelegt werden. Ein Eingriff von innen durch Abfangen von Nervensignalen und Überbrückung, Verstärkung oder Ersatz durch komplexe Regelmechanismen war auch nicht die Lösung, die sich Elvira Kuhn vom Fachbereich Wirtschaf, HS Trier und Feodor Kusmartsev, Loughborough, UK vorstellten. Unabhängig voneinander haben beide bereits Anfang des Jahrtausends an Lösungen getüftelt. Beide kamen zufällig bei einem Kongress in Polen 2011 ins Gespräch, und begannen danach einen intensiven Austausch ihrer Ideen über verschiedene Kommunikationskanäle. Ab 2013 kamen immer mehr Wissenschaftler hinzu und es wurde beschlossen, gemeinsam mit Partnern aus verschiedenen Ländern in Europa ein Projekt aufzusetzen, um die notwendige Finanzierung über Horizon 2020 zu sichern.
Da die Themenstellung in Horizon2020 nicht passend war, musste entsprechend den Vorgaben der Fokus des Projekts auf die Vorgaben gesetzt werden. So war einmal Prävention durch Training ein großes Thema, wobei das Stabilisieren eher eine untergeordnete Rolle spielte als das Aufbereiten von Lernmodulen mit physikalischem Training der Muskeln, das richtige Hinfallen und Aufstehen, bei einem anderen Call im Rahmen von Horizon2020 war mehr der technische Helfer im Haushalt gefragt. Wir wollten den Menschen stabil halten, damit er erst gar nicht fällt. Es sollte ein System sein, welches ein leichtes Gewicht hat, unsichtbar ist, leicht zu reinigen ist, recyclebar, und damit die Voraussetzung zur Tragfähigkeit im Alltag erfüllt. Es sollte kein medizinisches Produkt sein, preislich erschwinglich und langlebig sein. Wir wollten eine einfache Distribution ermöglichen. All diese Themen, die nichts mit der Technik des Stabilisierungssystem an sich aber mit dem Produkt zur Innovationsfähigkeit zu tun haben, waren Themen, die in den eingereichten Projekten bei Horozon2020 als Arbeitspakete beschrieben wurden. Das Durchführen des Multiprojektmanagements sowie die Gestaltung der Informationsflüsse untereinander, die Koordination und Unterstützung der Kollaboration waren die Aufgaben für Elvira Kuhn, die als Wirtschaftsinformatikerin an der Hochschule Trier berufen ist. Leider erfuhren die Projekte nie die notwendige finanzielle Unterstützung. Um dennoch die technische Idee ohne wirtschaftliche Betrachtungen für die Allgemeinheit zu retten, wollte Frau Prof. Kuhn auf der Medica 2017 Unternehmen ansprechen. Hier wurde von dem Standbetreuer erkannt, dass das System Potential zu einem Patent haben könnte, ein intensives Gespräch mit dem Geschäftsführer der IMG vor Ort noch vor Eröffnung der Medica bestätigte dies. So kam es, dass die Hochschule Trier veranlasste, das System als Patent nach intensiver Prüfung der IMG anzumelden.
Das eigentlich Neue an dem System ist, dass es sich um einen völlig neuen Ansatz für das erste interaktive Kleidungsstück zur Stabilisierung eines Menschen in Bewegung weltweit handelt. Die Erkenntnis, dass der bewegte Mensch als inverses Pendel gesehen werden kann, zusätzlich in die Betrachtung noch die Vibration in einem mathematischen Modell durch eine Feder nachgebildet werden kann, erhöhen die Möglichkeit des Erkennens einer Sturzgefahr und damit das rechtzeitige Eingreifen zur Verhinderung dieser Gefahr. Die neueste Erkenntnis von Feodor Kusmartsev und Joseph Evenden sind die, dass diese Gefahr wiederum Auswirkungen auf die Winkel im Arm und Fußbereich relativ zum Lot vom Schwerpunkt eines Körpers gemessen Auswirkung hat und damit eine Dämmung der Vibration erfolgen muss.
Der Traum, ein einfaches sinnvolles System zur Prävention im Bereich des Fallens zu erfinden, ist Wirklichkeit geworden. Das System zur bewegungsabhängigen Stabilisierungsunterstützung wurde nun vom Deutschen Patentamt als Patent an Prof. Elvira Kuhn, Trier zusammen mit Prof. Dr. Feodor Kusmartsev, LO, United Kingdom, für Deutschland erteilt. Derzeit läuft die internationale Patentierung. Eine Offenlegung ist im Februar zu erwarten. Weitere Fragen werden gerne von uns beantwortet. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. So kann es im Extremsportbereich, im Spielebereich, bei Einsätzen der Feuerwehr, THW, beim Trainieren des Bewegungsapparats zur Anwendung kommen. Wird es im täglichen Leben eines älteren Menschen eingesetzt, so wird die Lebensqualität durch die neu gewonnene Unabhängigkeit oder dem Verlieren von Angstgefühlen vor dem Fallen deutlich erhöht werden. Frei nach dem Motto: Leben ist Bewegen.
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