In einem groß angelegten, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt, sollen das Potential und die Intensität des römischen Seehandels unter besonderer Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit eines rekonstruierten seegängigen Handelsschiffes untersucht werden.
Seit Anfang Mai 2017 entstand auf dem Besucherparkplatz Ost der Universität Trier die Replik eines römischen Handelsschiffes vom Typ »Laurons 2«. Es handelt sich dabei um ein Segelschiff, das vermutlich gegen Ende des 3. nachchristlichen Jahrhunderts in einem kleinen Hafen an der südfranzösischen Küste nahe Marseille einem Sturm zum Opfer fiel und unterging. Der im Juli 2019 fertiggestellte 1:1 Nachbau wurde in einem feierlichen Festakt mit Schiffstaufe durch die Ministerpräsidentin Malu Dreyer unter dem Namen "Bissula" seiner weiteren wissenschaftlichen Mission zu den Messfahrten übergeben.
Die Rekonstruktion eines römischen Handelsschiffes muss von einem konkreten Schiffsfund ausgehen, weil Reliefs, Münzen, Schriftquellen etc. so wenig Informationen zur Konstruktion solcher Schiffe bieten, dass nur durch den Rückgriff auf ein gut erhaltenes Wrack wie »Laurons 2« die notwendige Detailtreue gewährleistet ist. Letztere ist wiederum Voraussetzung für die Qualität und damit die Verwendbarkeit der mit dem Fahrzeug zu erhebenden Daten für weitergehende Forschungen, die dann nicht nur den römischen Seehandel, sondern vielmehr auch Grundfragen der Wirtschafts- und Sozialgeschichte tangieren.
Der unvergleichliche Erhaltungszustand des Wracks vom Kiel aufwärts bis zum Deck, wo sogar noch Teile der Ladeluken vorhanden sind, gilt in seiner Vollständigkeit als einmalig im gesamten Mittelmeerraum. Deshalb bietet der Befund von Laurons die beste Grundlage für die Erforschung römischer Handelsschiffe und ermöglicht darüber hinaus einen außergewöhnlichen Einblick in die Handwerkskunst römischer Bootsbauer.
Von vornherein war das DFG-Vorhaben als wissenschaftliches Kooperationsprojekt von Universität Trier (Prof. Dr. Christoph Schäfer) undder Hochschule Trier (Akad.Rat Michael Hoffmann) geplant. Dadurch und angesichts der Zusammenarbeit mit Institutionen und Firmen in Trier und der Region ist es zugleich ein herausragendes Beispiel für die Leistungsfähigkeit der Wissenschaftsallianz Trier.
Ein besonders wichtiger Teil des Projektes besteht in der oben angesprochenen Kooperation im Rahmen der Wissenschaftsallianz zwischen dem Fachbereich Technik / Maschinenbau und Fahrzeugtechnik der Hochschule Trier und dem Fach Alte Geschichte der Universität. Im Mittelpunkt stehen dabei Untersuchungen zu den Möglichkeiten und Grenzen der Digitalen Rekonstruktion, dem Einsatz virtueller Simulationsmodelle, der Nutzung von 3D-Drucktechnologien sowie neuesten Technologien aus der Virtuellen Realität (VR) in Verbindung mit der experimentellen Archäologie. Dabei kann das Forschungsteam um die Dozenten Christoph Schäfer und Michael Hoffmann auf einer ersten sehr erfolgreichen Untersuchung aus den Jahren 2013/2014 zu einem römischen Patrouillenschiff, der »Lusoria Rhenana« aus dem 4./5. Jh.n.Chr. aufbauen. Bei der digitalen Rekonstruktion des römischen Handelsschiffs vom Typ »Laurons 2« sind vor allem die außergewöhnlichen Fähigkeiten der Maschinenbauer der Hochschule Trier im Bereich 3D-Konstruktion gefragt.
Unter der Ägide von Michael Hoffmann (Hochschule Trier) wurde durch ein Team von studentischen und wissenschaftlichen Mitarbeitern im Labor für Digitale Produktentwicklung und Fertigung (LDPF) ein strukturiertes 3D-Datenmodell des Schiffes nach den Risszeichnungen von Dr. Ronald Bockius vom Museum für Antike Schifffahrt in Mainz erstellt, das u.a. eine Überprüfung der Fahreigenschaften parallel zum realen Nachbau ermöglichen soll.
Die digitale 3D-Rekonstruktion aus den Grabungsbefunden und Recherchen der Wissenschaftler wird zum einen die Datengrundlage bilden für intensive Berechnungen und Simulationen, aber auch für den aufwendigen möglichst originalgetreuen 1:1-Nachbau des ca. 16 m langen und 5 m breiten Schiffes in Trier, sowie der Nutzung in Anwendungen aus der Virtuellen Realität. Dabei werden neueste Technologien aus der Virtuellen und der erweiterten Realität eingesetzt. Durch die maßstabsgetreue Visualisierung der 3D-Daten vor dem Bau und eine Überlagerung des realen Schiffes im Baufortschritt, sowie nach der Fertigstellung können dem Betrachter über die Datenbrillen (Head Mounted Displays) wesentlich realistischere Eindrücke vermittelt werden. Der Informationsgehalt virtueller oder augmented basierter Projektionen erweitert damit die Möglichkeiten der Darstellung im Vergleich zu Papier, Bildschirm oder Modellen enorm. Neben der Visualisierung werden weitere Anwendungsfälle untersucht, so z.B. die Unterstützung des Bootsbaus durch Überblendung von 1:1-Linienrissen oder der Überlagerung und dem Vergleich der digitalen Bauteildaten mit den gefertigten Bauteilen und der gesamten Schiffsstruktur. Weiterhin ist die Entwicklung eines „virtuellen Rundgangs“ denkbar, in dem sich der Betrachter im und um das fertige Schiff bewegt und je nach Fokussierung des Nutzers in der Datenbrille Hintergrundinformationen wie Fakten zum Bau, zum Projekt und historische Informationen eingeblendet werden.
Basierend auf der 3D-Konstruktion können weiterhin Widerstandswerte der Rumpfgeometrie simuliert und geprüft werden, die über die üblichen Erkenntnisse aus dem archäologischen Befund hinausgehen. Neben der virtuellen Berechnung soll ein maßstabsgerechtes Schiffsmodell im 3D-Druckverfahren entstehen, das ggf. für zusätzliche Strömungsversuche im Windkanal genutzt werden kann. Letztendlich gilt es durch den Vergleich der virtuellen Daten mit den tatsächlich an der 1:1 Rekonstruktion bei Testfahrten gemessenen Werten auszuloten, inwieweit man künftig Daten historischer Segelschiffe rein virtuell ermitteln kann. Es geht also auch um die Entwicklung neuer kostengünstiger Analysemethoden in der experimentellen Archäologie.
Bitte beachten Sie: Sobald Sie sich das Video ansehen, werden Informationen darüber an Youtube/Google übermittelt. Weitere Informationen dazu finden Sie unter Google Privacy.
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Kooperationspartner:
Prof. Dr. Christoph Schäfer, Universität Trier - Fachgebiet »Alte Geschichte«
Homepage Fachgebiet »Alte Geschichte«(Universität Trier)
Presse:
An dem Projekt waren bisher folgende studentische und wissenschaftliche Mitarbeiter aus dem LDPF der Hochschule Trier beteiligt:
Jens Biehl, 3D-Rekonstruktion, 3D-Druck
Nicolas Schreiner, 3D-Rekonstruktion
Alessandro Seissler, CAE-Simulationen
Lucas Küntzer, Virtual Reality Anwendungen und Praxistests
Lorenz Deres, Virtual Reality Anwendungen und Praxistests
Richard Schott, Videoproduktion, 3D-Grafik
Jana Hoffmann, Web und Videoproduktion
Josha Hansen, CAE-Simulationen und Berechnungen
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