2017 erschien der von Prof. Dr. Christina Threuter und Prof. Dr. Gerald Schröder herausgegebene und ausführlich eingeleitete Sammelband „Wilde Dinge in Kunst und Design. Aspekte der Alterität seit 1800“ im Bielefelder Wissenschaftsverlag „transcript“. Die insgesamt dreizehn Beiträge untersuchen die facettenreichen Aspekte des Wilden am Beispiel ganz unterschiedlicher „Dinge“ aus den Bereichen von Kunst und Design. Dazu gehören Bildtapeten, Logos, Plattencover, Möbel, Innenraumgestaltungen und Mode ebenso wie Gemälde, Fotografien, Filme, Assemblagen und Installationskunst.
Gerade wenn es um die Zuschreibung des Wilden im Hinblick auf das ethnisch Andere geht, argumentieren die Autorinnen und Autoren aus einer dezidiert postkolonialistischen Perspektive, d.h. sie setzen sich kritisch mit der Geschichte und den andauernden Folgen des Kolonialismus auseinander, dekonstruieren den eurozentrischen Blick auf das Andere und legen dadurch verborgene Machtstrukturen wie Rassismen und Stereotypisierungen offen. Dieser spezielle Ansatz intendiert Fremdheit als Ordnungsprinzip der eigenen westlichen Kultur im Bild des Wilden in Kunst und Design. Der Blick richtet sich somit schließlich vor allem auf das „Fremde im Vertrauten“, auf soziale und kulturelle Erscheinungsformen der eigenen Kultur, wie es beispielsweise in der Ethnologie als notwendiger Perspektivenwechsel bzw. anthropologische Wende von Karl Heinz Kohl formuliert wurde. Diese Perspektive berührt zwangsläufig auch das Thema der Fremdartigkeit, des Fremden selbst. Stephen Greenblatt hat die Wendung von der Erfindung des Fremden in Bezug auf die Geschichte der Kolonisierung, d.h. die vermeintliche Entdeckung außereuropäischer Kulturen gebraucht. Aus dieser Sicht wird das Fremde bzw. der Fremde zu einer Projektionsfläche der eigenen Wünsche und Vorstellungen sowohl als Positiv- als auch als Negativbild der modernen Subjektbildung bzw. der eigenen gesellschaftlichen Ordnung. Der Begriff des Wilden ist hierbei Zeichen eines interkulturellen Denkens, das von Dichotomien gekennzeichnet ist und in seiner Aktualität vor allem auf kolonialkulturelle Diskurse zurückzuführen ist. Sowohl das eine wie das andere Denken instrumentalisieren das Fremde. Nach Waldenfels handelt es sich um die „Einverleibung der Andersheit“, das zur gewaltsamen Integration des Fremden führte und führt.
Der Sammelband möchte über die repetitive Darlegung stereotyper Bilder bzw. Repräsentationen des Wilden, des Fremden und des Anderen hinausgehen: Er möchte dazu anregen, sich weiter mit der tiefen Verankerung dieses kolonialkulturellen dichotomen Denkens in unserer visuellen und materiellen Kultur auseinanderzusetzen, um noch einmal mehr die Konjunktur des Fremden im Eigenen und ihre kolonialrassistische Verankerung kritisch zu hinterfragen.
Laufzeit | 2015-2017 |
Gefördert durch | Fachbereich Gestaltung der Hochschule Trier |
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