Helena Renner BFA

Bachelor-Thesis: "Mein Körper, die Körper der Anderen"

Betreuung: Prof. Ute Eitzenhöfer, Prof. Theo Smeets

"In „Mein Körper, die Körper der Anderen“ wird das komplexe System der gesellschaftlichen Schönheitsnormen und ihre Auswirkungen auf das Leben der Menschen analysiert. Es wird untersucht, wie sich die heutige Darstellung von – idealen und weniger idealen – Körpern in den (sozialen) Medien auf die Fremd- und Selbstwahrnehmung und das Körperbild auswirkt.

Ausgehend von subjektiven Erfahrungen in verschiedenen Lebenssituationen, die von einem „Anderssein“ aufgrund eines erhöhten Körpergewichts geprägt sind, werden verschiedene Aspekte des Schönheits- und Schlankheitsideals beleuchtet. Die historische Schönheitsforschung legt dar, dass körperliche Schönheit schon lange als erstrebenswert gilt, wobei sich das Ideal ständig wandelt und genaue Aussagen darüber, welche allgemeingültigen Attribute Schönheit ausmachen, schwer zu treffen sind. Es wird festgestellt, dass in Zeiten von Nahrungsmittelknappheit ein wohlgenährter Körper als erstrebenswert gilt, wohingegen der Überfluss im Kapitalismus dazu führt, schlanke, trainierte Körper mit Schönheit und Gesundheit gleichzusetzen. Im Kontrast steht das Bild des ungesunden, faulen und hochgewichtigen Körpers. Es wird suggeriert, diesem durch gesunde Ernährung, Verzicht und Sport entgegenwirken zu müssen, da das Aussehen des Körpers sich auf die soziale Stellung auswirkt. Schönheit wird neben Gesundheit und sozialem sowie finanziellem Kapital zur gesellschaftlichen Ressource, welche es im besten Fall zu vermehren gilt, um den sozialen Status zu erhöhen. Der Wert dieser Ressourcen wird häufig im Vergleich zu deren Anderer festgelegt.

Durch die Verbreitung von als erstrebenswert erachteten Körperbildern in den (sozialen) Medien und der Werbung, die dort häufig erst durch die Nutzung von Bildmanipulation erzeugt werden, wird der Druck zur Selbstoptimierung verstärkt. Die Konfrontation des eigenen, realen Körpers mit dem inszenierten Ideal fördert ein Gefühl der Unzulänglichkeit, was zur ständigen Selbstkritik, selbstzerstörerischem Verhalten und sogar zu Ess- und körperdysmorphen Störungen führen kann. Durch den Konsum der von der Schönheitsindustrie angepriesenen Beautyprodukte, Ernährungs- und Sportprogramme sowie kosmetischer Operationen soll es den Menschen vermeintlich erleichtert werden, ihren körperlichen Zustand zu verbessern. Diese müssen sie sich jedoch finanziell leisten können. Zudem steigt das Risiko, sich dadurch immer stärker auf das eigene Äußere zu fokussieren.

Die Einschränkungen sozialer Kontakte im Alltag und die vermehrte Nutzung von Social Media-Plattformen während der Corona-Pandemie führte dazu, dass sich der Abgleich mit realen menschlichen Körpern weiter verringerte. Das erhöhte Unsicherheitsempfinden und der Fokus auf die Förderung der Gesundheit führte zum Wunsch nach Kontrolle, wodurch die Anzahl der Menschen, die Essstörungen entwickelten, stieg. Gleichzeitig führte die Veränderung des Bewegungs- und Ernährungsverhaltens bei einigen Menschen zu einer Gewichtszunahme, was die Nachfrage nach Eingriffen der plastischen Chirurgie, wie bspw. Fettabsaugungen, steigerte. Gesamtgesellschaftliche Entwicklungen und individuelles Verhalten sind also eng verknüpft.

Menschen, die dem Ideal von Schönheit und Schlankheit nicht entsprechen, werden häufig diskriminiert. Verschiedene Gruppierungen kämpfen gegen diese Benachteiligung an. Das „Fat-Acceptance-Movement“ fordert Respekt für Menschen mit höherem Gewicht, die „Health at Every Size“-Bewegung argumentiert, Körper könnten unabhängig vom Gewicht gesund und sportlich sein und die Konzepte Body Positivity und Body Neutrality, wollen durch das Zeigen alternativer Körperbilder eine positive oder neutrale Selbstwahrnehmung erreichen. Sie erfahren jedoch Kritik, sowohl aus den eigenen Reihen, mit dem Verweis auf mangelnde politische und intersektionale Dimensionen, als auch von außen, durch den Vorwurf des Propagierens ungesunder Körperbilder. Die Veränderung gesellschaftlicher Ideale und die umfassende Akzeptanz aller Körperformen bleibt also trotz vieler Ansätze eine komplexe und schwierige Aufgabe.

Die vorliegende Analyse sollte in Zukunft durch weitere Perspektiven ergänzt werden, die Aspekte wie Rassismus und Altersdiskriminierung einbeziehen. Auch sollte der Frage nachgegangen werden, wie durch Schmuck und Mode Körperlichkeit und Selbstwahrnehmung verändert, transportiert und im Spannungsfeld zwischen Selbstinszenierung, Schönheitsidealen und dem Streben nach gesellschaftlichem Status verhandelt werden."

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