Campus Gestaltung

Zukunftsweisendes Modedesign – Avatare präsentieren virtuelle Mode

Bild: Hypewear

Die digitale Mode eröffnet neue Möglichkeiten und wird die Modeindustrie in Zukunft komplett verändern, vor allem auch hinsichtlich Umweltfreundlichkeit und Ressourcenschonung.

Ein Beitrag über Master-Absolventin Paola Olaguivel von Katja Bernardy im Volksfreund Trier vom 28. September 2022.

Der erste Eindruck zählt – auch in der digitalen Welt. Davon ist die Modedesignerin Paola Olaguivel überzeugt. Kein Wunder. Ihre Abschluss-Arbeit an der Hochschule Trier im Fachbereich Modedesign existiert nur virtuell und trägt den Titel „Emotionen im Metauniversum“. Ihre Entwürfe flimmerten bei der großen Modenschau der Hochschule im August für das Publikum „nur“ über Videowände in die Europahalle. Paola Olaguivel bekam für sie einen spontan gestifteten Sonderpreis. Denn während die Kollektionen ihrer Mitstudierenden wie immer von realen Models auf dem Laufsteg präsentiert wurden, wurde klar: Mit „Emotionen im Metauniversum“ hat an diesem Abend das digitale Zeitalter in die traditionellen Modenschauen der Hochschule Einzug gehalten.

Längst können Nutzer selbst im sogenannten Metaversum*, virtuellen Zwischenwelten, spielerisch ihre eigenen Avatare einkleiden – ganz gleich, ob das Styling ihren eigenen Persönlichkeit entspricht oder aber ihrem Wunsch, eine oder ein anderer zu sein. Avatare können alles. Sie gehen shoppen, tanzen, kaufen Land, bauen Häuser, gehen ins Museum und auf Messen, sie machen Party und Geschäfte. Immer mehr Unternehmen, darunter auch große Modehersteller, entdecken dieses Parallel-Universum und bieten Interessierten viele Möglichkeiten, daran teilzuhaben.

Mit der 3-D-Welt werden Milliardenumsätze gemacht
Paola Olaguivel wollte als Kind Spiele-Designerin werden. Doch diese Welt sei schließlich sehr weit von ihrer entfernt gewesen, sagt die 34-Jährige. Sie studierte an der Hochschule Trier Modedesign, machte ihren Bachelor. Es folgten verschiedene Festanstellungen und Arbeit als Freelancerin. Danach nochmal Studium und Job. Ihre Wahl für den Masterstudiengang sei wieder auf Trier gefallen, da ihr Mentor, Professor Christian Bruns, offen für ihre Idee, digitale Mode zu entwerfen, gewesen sei. Jetzt schließe sich der Kreis, sagt sie. Denn das Metauniversum habe viel mit Spiel zu tun. Auf den ersten Blick. „Was ich mir vor einiger Zeit noch nicht vorstellen konnte, ist Wirklichkeit geworden“, sagt sie. Denn es habe sich eine Wirtschaft um die digitale Welt gebildet. Immer mehr Unternehmen verknüpfen sich in der 3-D-Welt mit ihren Kunden. Milliardenumsätze werden dort gemacht, sagt sie. Die Pandemie sei ein Beschleuniger gewesen und neue Technologien machten es möglich, sagt Olaguivel.

Mode-NFT: Jedes Modell ist einzigartig
Dass sie an ihrer Vision von digitaler Mode festgehalten hat, hat mit einem Tag im Mai 2019 zu tun: Dem digitalen Modehaus „The Fabricant“ gelang es, das erste Mode-NFT für umgerechnet 8400 Euro zu verkaufen. NFT steht für Non-Fungible-Token. Das heißt übersetzt, nicht austauschbare digitale Wertmarke. Es bedeutet, dass jedes erstellte digitale Gut einzigartig ist und nur ein Besitzer die Eigentumsrechte und einen Echtheitsnachweis hat. „Die Verbindung zwischen Künstler und Käufer des NFTs ist untrennbar“, sagt die Modedesignerin. Verkaufe sie beispielsweise einen digitalen Entwurf, wisse sie immer, wer ihn habe und sie profitiere auch von einem Weiterverkauf.

Paola Olaguivel: Digitale Mode und Emotionen
Doch Mode ist mehr als Ware, mit der man Geld verdienen kann – in der realen und mittlerweile in der virtuellen Welt. Sie ist Teil der Identität einer Person. Ein Kleidungsstück helfe, beispielsweise sich selbst und die eigenen Emotionen auszudrücken. Doch Avatare begrenzten ihre Nutzer im Metaversum. Sie haben zum Beispiel keine Mimik. Um ihnen mehr Emotionen einzuhauchen, hat Paola Olaguivel sich in ihrer Masterarbeit mit dem Thema Mode und Emotionen beschäftigt. Denn je mehr Personen die neue soziale 3-D-Welt für sich entdeckten, umso mehr spiele die Kommunikation der Gefühle für die Mitglieder der verschiedenen Gemeinschaften eine Rolle, sagt sie.

Das erste NFT der Modedesignerin heißt Emma, ein Raver Outfit, ein schwarzes mit Print gestaltetes Bustier, plus schwarzer Hose mit Applikationen und Schriften. Mit ihrem NFT „Stella“ möchte sie Aufmerksamkeit in dem Paralleluniversum erhaschen. „Ein dramatisches Tüllkleid mit unendlichen Rüschen und goldenen Verzierungen macht es fast unmöglich, unterzugehen“, sagt die Modedesignerin. Über die Kleidung ihres Avatars sollen Nutzer sehen, in welcher Stimmung sie gerade ist – und ihre Mode kaufen, um selbst mehr im Metaversum ausdrücken zu können.

Kann mit NFTs die Modewelt nachhaltiger werden?
Doch digitale Mode wirkt sich durchaus auf die Wirklichkeit aus. Giftige Chemikalien, hoher Wasserverbrauch, unmenschliche Arbeitsbedingungen, die Modeindustrie gerät immer wieder in die Negativ-Schlagzeilen. Der digitale Fortschritt werde in den nächsten Jahrzehnten viele Probleme lösen können, um die Modewelt nachhaltiger werden zu lassen, sagt Olaguivel.

Ein Ziel der neuen digitalen Entwickler beispielsweise sei, durch 3-D-Visualisierung den Musterungsprozess erheblich zu reduzieren. Das heißt: Es fallen viel weniger Schnittmuster und damit Papierabfall an, es wird weniger Stoff verschnitten. Produktionen können laut Olaguivel optimiert werden, da Programme den Stoffverbrauch und die Bestellmenge genau ausrechnen können. Durch neue Programme könnten die Muster passgenau erstellt werden. „Dann reicht nur ein Muster und der sonst dabei entstehende Müll ist Vergangenheit.“

Seit ein paar Wochen arbeitet sie als Produktentwicklerin bei Marc Cain. Sie sieht sich dort als Mittlerin zwischen physischer und digitaler Modewelt, in die man sich einarbeiten müsse, wie in eine neue Sprache. Im Vokabelheft stünden Begriffe wie Avatar, DAPPS, DAO, Gatekkeper, Blockchain, Kryptowährungen (digitale Währung, die unabhängig von Banken funktioniert und mit der im Metauniversum bezahlt wird). Bei Marc Cain habe sie sich beworben, weil sie nach sehr viel Zeit, die sie alleine vor dem Bildschirm verbracht hat, festgestellt habe, sie müsse sich bei einer physischen Firma bewerben, um mehr unter „echten“ Menschen zu sein.

Der Markt für digitale Mode
Wie geht es weiter? Der Markt für digitale Mode sei nicht mehr aufzuhalten, sagt sie. Und er entwickle sich rasant weiter. Heute geht sie zu einer Fashion-Messe. Gehen heißt, sie schaltet den Computer an und ist mit ihrem Avatar im Metaversum unterwegs, hört Vorträge, nimmt an runden Tischen teil und amüsiert sich bis in die frühen Morgenstunden auf einer Rave-Party. Welches Outfit wird ihr Avatar tragen? „Ich trage ein Kostüm mit weißen Flügeln, das an die römische Zeit erinnert“, sagt sie. Sie habe Lust auf etwas Weibliches, und Flügel trage sie momentan sehr gerne. Vor allem bei grauem Wetter, wähle sie gerne Kleidung, die sie normalerweise nicht tragen würde.

* „Ein Metaversum oder Metaverse ist eine digitale Plattform, in der man sich als Avatar, eine mit einem speziellen Programm erstellten virtuellen Figur, aufhält. Der Begriff ist zusammengesetzt aus der Vorsilbe Meta und Universum.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bild: Hypewear
Bild: Paola Olaguivel
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