Alternative Naturbestattung - Der Tod und wir

Anerkennung  BDA-Studienpreis Rheinland-Pfalz 2021
Tina Schmitt

Betreuer
Prof. Dr. Matthias Sieveke
Prof. Andrea Wandel

Projekttyp
Preis
 

Dieser Beitrag ist im Zuge eines Moduls mit folgender Fragestellung entstanden. „Wie lässt sich Erinnerungskultur neu denken und gestalten? Konkrete Vorgaben bzgl. des Entwurfs gab es in diesem Modul nicht. 

In den meisten Regionen sind Friedhöfe oft am Stadtrand angesiedelt oder durch eine hohe Mauer vom Stadtgefüge abgeschirmt, so auch in Trier. Auf dieser Grundlage entstand folgender Ansatz : Den Triererinnen und Trierer die Möglichkeit einer Alternativen Naturbestattung in Form einer Flussbestattung anzubieten und dies an einem möglichst zentralen Ort um die Thematik des Todes präsenter zu machen, den Tod als Thema in die Mitte der Gesellschaft zu rücken, umso einen gesunden, versöhnlichen Umgang mit ihm zu finden.

Dieses Projekt beschäftigt sich mit einem der wichtigsten, jedoch leblosesten Orten der Stadt Trier, dem Moselufer. Einem Ort, einem Teil der Stadtidentität, welchen sich viele Trierer sehr verbunden fühlen. Verorten lässt sich dieses Projekt direkt unterhalb der historischen Römerbrücke.

Der Entwurf besteht aus zwei Komponenten. Einem kleinen kapellenartigen Einraum am Flussufer indem die Angehörigen in Ruhe Abschied von ihren Lieben nehmen können und einer schwimmenden Plattform von der aus der Leichnam direkt dem Wasser übergeben werden kann. Über die Materialität und den monolitischen Charakter des Entwurfs soll eine Brücke über die Zeit, eine Verbindung zwischen Alt und Neu geschaffen werden. Der Baukörper ist bezugnehmend auf den historischen Kontext aus gebranntem Ziegel und ruht auf einem Sockel aus Ortbeton. Auf der nordseitigen Dachfläche werden einzelne Ziegel durch Glasbausteine ersetzt, um im Inneren ein diffuses Lichtspiel zu erzeugen. Zur Mosel hin öffnet sich der Raum über ein rundes Portal. Dieses dient als Hauptbelichtungsquelle und inszeniert gleichzeitig einen gerahmten Blick auf Mosel und Beisetzungsstelle. Das Portal ist als runde Glasscheibe ausgebildet, die in einer schwarzen Metallfassung eingelassen ist. Die Scheibe lässt sich ähnlich einer Drehtür öffnen. Durch dieses Portal gelangt der Trauerzug über einen schmalen Steg zur schwimmenden Plattform. Der Steg besteht aus Holzbohlen, befestigt auf einer Unterkonstruktion aus schwarzem Metall. 
Als Spirale ausgebildet treppt sich die Plattform aus Beton immer weiter ab, bis hin zu einer zentralen Öffnung von der aus die Urne direkt dem Wasser übergeben werden kann. Die tiefste Ebene befindet sich knapp unter Wasserniveau, wodurch sich ein leichter Wasserspiegel über dieser ausbildet. Durch die Ausformung der Plattform als abgetreppte Spirale wird der Weg hin zur Beisetzungsstelle inszeniert und den Angehörigen die Möglichkeit geboten, sich optimal zu positionieren.

Die Idee versteht sich zudem auch als Diskussionsbeitrag, zu einer besseren Einbindung des Flusses in die Stadt. Durch das Ansiedeln neuer Funktionen kann Leben an einen leblosen Ort zurückkehren. Vielleicht schafft es Trier durch solche Projekte, aus `Trier der Stadt mit Fluss` zu `Trier der Stadt am Fluss` zu werden.

 

Beurteilung der Jury - BDA-Studienpreis Rheinland-Pfalz 2021

Die Idee scheint paradox. Der Entwurf will einen der, wie es heißt, „leblosesten Orte“ der Stadt Trier durch eine naturnahe Begräbnisstelle vitalisieren. Und gleichzeitig das verdrängte Thema Tod ins alltägliche Bewusstsein rücken. Dazu noch den Kontext betonen. Geplant ist der Alternativfriedhof an einer evokativen Stelle am Ufer der Mosel. Die historische Römerbrücke liegt oberhalb. In eine Kapelle aus gebranntem Ziegel fällt nordseitig das Licht durch einzelne Glasbausteine in der Dachfläche. Durch eine gläserne, schwarz eingefasste, sinnfällig kreisrunde Drehtür führt der Weg auf einen Holzbohlensteg hin zu einer Plattform, die spiralförmig zur Beisetzungsstelle hin abgetreppt ist. Der Kreis hinter einem schließt sich, die Urne wird dem Fluss übergeben. Die Darstellung des Entwurfs im schummrigen Licht weckt Venedig-Assoziationen. Schon auch pathetisch. Aber warum auch nicht.

Bildergalerie

Außenperspektive
Innenperspektive
Planunterlagen
back-to-top nach oben