MILANO MODERN

Auf der Suche nach einer alternativen Moderne – so könnte man das Motiv zusammenfassen, das Studierende und Kollegium der Fachrichtung Architektur im Zuge der Exkursion 2022 nach Mailand führt. Rom, `città eterna´ oder Venedig `la serenissima´ mögen auf den ersten Blick aufgrund ihres kunstgeschichtlichen und architektonischen Reichtums fachlich naheliegende Reiseziele sein. Jedoch hat sich Mailand als Industrie-, Wirtschafts- und Handelsmetropole Italiens stets neu erfunden und damit Raum für Wandel und Veränderung, Raum für neue Architektur ermöglicht. Hinzu kommen schwere Zerstörungen durch Luftangriffe im 2. Weltkrieg. So sind gerade in der Nachkriegszeit Gebäude von großer Eigenständigkeit entstanden, die sich zwar dem Grunde nach der Nachkriegsmoderne zuordnen lassen, sich aber gleichsam durch eine Formensprache auszeichnen, in der sich Bezüge auf regionale und historische Architektur wiederfinden. Exemplarisch für diese Mailänder Architektur der Nachkriegszeit ist das 1958 errichtete Hochhaus `Torre Velasca´ des Mailänder Architekturbüros BBPR. Zahlreiche Architekt*innen sind auch als Industrie- und Möbeldesigner erfolgreich tätig und die Ausstellungen der Mailänder Triennale thematisieren ebenfalls das Spannungsfeld zwischen Design, Architektur und Kunst. Ernesto Nathan Rogers war Professor am Politecnico, Aldo Rossi (1931-1997) einer seiner Studenten. Ein ebenso bedeutender Mailänder Architekt war Giovanni Muzio, dessen praktische Laufbahn Anfang des 20. Jahrhunderts geprägt vom Novecento mit dem Schlüsselwerk Ca´Brutta begann und dessen Architektursprache sich in der Zwischenkriegszeit hin zum Razionalismo und in der Nachkriegszeit zur Spätmoderne wandelte. Weitere Persönlichkeiten sind Mario Asnago (1891-1981) und Claudio Vender (1904-1986), die mit ihren Fassadenkompositionen der zahlreichen Wohnund Geschäftsbauten die „gewöhnliche“ Architektur und das Stadtbild Mailands bis heute prägen. Luigi Cacchia Dominioni (1913-2016) hat mit seinen vielfältigen, stilistisch sehr unterschiedlichen Bauten polarisiert. Doch auch in den letzten Jahren hat sich Mailand wieder einmal neu erfunden. So sind zahlreiche Industrieund Gewerbegebiete, nicht selten die ehemaligen Standorte von Weltkonzernen wie Pirelli oder Alfa Romeo, zu Kultur-, Bildungs- oder Wohnstandorten umgewandelt worden. Dazu kommen die internationalen Modehäuser wie Prada, Armani, Gucci, Dolce & Gabbana, die allesamt ebenfalls in neue Architektur für Verwaltung, Kultur, Bildung und Freizeit investieren und damit nicht zuletzt Marketing betreiben. Oftmals durch Stararchitekt*innen erdacht, entstanden auf diese Weise global wahrgenommene Orte in der Stadt, wie etwa die Fondazione Prada von Rem Koolhaas, die Armani Silos von Tadao Ando oder das MUDEC von David Chipperfield. Die Universität Bocchoni mit den Neubauten von Grafton Architects und SANAA setzt ebenso konsequent auf den Starkult wie die Stiftung Feltrinelli (Herzog de Meuron). Aber auch die jüngeren Generationen der Mailänder Schule werden international wahrgenommen, wie das Beispiel `Bosco Verticale´ von Studio Boeri als bauliche Vision für eine nachhaltige Stadt der Zukunft beweist. Ein kurzer Exkurs widmet sich der Stadt Como, im Norden Mailands am Comer See gelegen und Heimat des Architekten Giuseppe Terragni. Ein Blick auf die Architekturmoderne Mailands bzw. den Norditaliens wäre ohne das Werk Terragnis unvollständig, schließlich ist sein wohl bekannteste Werk auch eines der Schlüsselwerke des Razionalismo. Als Casa del Fascio wurde das Gebäude zwischen 1932 und 1936 errichtet und diente der Nationalen Faschistischen Partei Mussolinis als lokale Parteizentrale.

Exkursion Mailand
Sommersemester 2022

Studierende Architektur

Betreuuer
Prof. Daniel Berger
Prof. Peter Böhm
Prof. Oskar Spital-Frenking
Prof. Jan - Henrik Hafke
Prof. Robert Thum
Prof. Andrea Wandel
Prof. Matthias Sieveke
Prof. Petra Riegler-Floors

Projekttyp
Exkursion

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